Promptuarium Ecclesiasticum Medii Aevi

Der Begriff 'Promptuarium', "die Vorratskammer", "das Warenlager", scherzhaft auch "das Gefängnis", ein in Spätmittelalter und Frühneuzeit beliebter Titel für homiletische, hagiographische oder medizinische Sammelwerke, soll zum Ausdruck bringen, daß sich das vorliegende alphabetische Opus in spezifischer Weise von den aktuell zur Verfügung stehenden Lexika und Wörterbüchern unterscheidet.
Die das Mittelalter (grob, die tausend Jahre von 500 bis 1500) betreffenden lateinischen Wörterbücher, vom "DuCange" über "den Georges" bis zu dem "Mittellateinischen Wörterbuch bis zum ausgehenden 13. Jahrhundert" der Bayerischen Akademie der Wissenschaften oder dem zweibändigen "Mediae Latinitatis Lexicon Minus" von J. F. Niermeyer und C. van de Kieft, besitzen bei allen Unterschieden notwendigerweise drei vergleichbare Eigenschaften, die der gezielten Information über kirchen-, religions-, und theologiebezogene Begriffe eher abträglich denn förderlich sind: Sie sind zum ersten in ihrer Grundstruktur an der Matrix der klassischen Philologie orientiert und bewegen sich somit primär "innerhalb dieser Welt". Damit wird automatisch ein großer Teil der kirchlich-theologischen Begriffe (die häufig durch die Kombination mehrerer Vokabeln gebildet werden) ausgeblendet. Dies gilt in verschärftem Maße für die Masse der Neubildungen des 14. und 15. Jahrhunderts, die in dem vorhandenen lexigraphischen Bestand am stärksten unterrepräsentiert ist (und in vorliegendem Werk umso mehr "rehabilitiert" wird). Es kommt zweitens hinzu, daß die "weltliche" Bedeutung einer Sache nur selten mit der metaphorischen oder typologischen übereinstimmt, die den biblisch-religiösen und metaphysischen Phänomenen ihr je eigenes Gepräge gibt: Ein Baum ist nicht ein Baum, sondern das Holz des Lebens, eine Schlange ist keine Schlange, sondern der Teufel in Tiergestalt, eine Unio ist keine Landfriedenseinung, sondern der mystische Ineinsfall göttlicher und menschlicher Wesenhaftigkeit in Jesus Christus.
Zum dritten operieren alle Wörterbücher (wie auch die Lexika) mit einer modernisierten egalisierten Orthographie, die die typisch mittelalterlichen Schreibweisen außer acht läßt und somit demjenigen, der anhand der ihm vorliegenden Texte nach Erklärungen sucht, keine Hilfe bietet. Typisch mittelalterliche Varianten wie 'idololatria', 'ierarchia', 'jehennalis', 'rimannus' oder 'ympnus' sind dort von vornherein ausgeblendet. Wenn der Benutzer aber erst ein ganzes Lexikon durchlesen muß, um mit viel Glück denjenigen Begriff in der von ihm vorgefundenen Schreibweise unter einem anderen Haupteintrag wiederzufinden, dann wird er das Lexikon bald enttäuscht in die Ecke werfen.